Browser Gerangel 2016

Wieder ist ein Jahr vergangen seit dem letzen Browser-Gerangel auf diesem Blog. Zeit zu gucken, was sich seit dem verändert hat.

Jahresrückblick

Firefox: Das Team von Mozilla hat das Jahr über fleißig weiter am Browser geschraubt. Im Moment wird vor allem die Basis des Browsers verschlankt. Einige Features wurden dazu in Add-Ons ausgelagert. Andere wie Tab-Gruppen oder Themes wurden gar ganz gestrichen.

Chrome/Chromium: Googles Webbrowser machte in letzter Zeit vor allem Schlagzeilen bezüglich der Streichung zu unterstützender Betriebssysteme. So wurde die Entwicklung des Google-Browser für verschiedenste Betriebssystem-Versionen teilweise deutlich vor dem Ende der Herstellerunterstützung gestrichen. Betroffen sind davon unter anderem Windows (XP & Vista) und Mac OSX (10.6, 10.7 & 10.8). Auch Linux blieb nicht verschont: In der 32bit-Version erhält Chrome für Debian & Ubuntu¹ seit März keine Updates mehr. Kritisch sei hier ergänzt, dass auch das Ausrollen von Sicherheitsupdates abgestellt wurde.

Opera/Vivaldi: Die Umstellung, die unter dem Label „OperaBeta“ (später „OperaNext“) bekannt wurde, und den alterwürdigen Closed-Source-Browser Opera von der Eigenbau-Engine auf die von Google verwendete Engine Blink portierte, ist mittlerweile abgeschlossen. Lobenswerter Weise hat die letzte Eigenbau-Version Opera 12 kürzlich dennoch einige Sicherheitsupdates erhalten. Unbeachtet dieser Tatsache hat ein Großteil der Community eine eigene Alternative auf die Beine gestellt. Das Projekt heißt Vivaldi, ist im Moment im Beta-Stadium und nimmt erstmals am Gerangel Teil.

Testumgebungen

Für die Benchmarks verwendete ich folgende von mir im Moment hauptsächlich verwendeten Systeme:

Navis, mein Heim-PC, läuft mit einem Intel i5-2400 dem 8 GiB RAM zur Verfügung stehen.Das installierte Ubuntu 14.04 LTS liegt zusammen mit allen für Browser relevanten Daten auf einer SSD.

Navicula, mein Laptop, läuft mit einem Intel i5-3230M dem ebenfalls 8 GiB RAM zur Verfügung standen und dessen Programme von einer SSD im mSATA-Slot geladen werden. Auf diesem System läuft ein frisch aktualisiertes Ubuntu 12.04 LTS.

Weitere Infos zur Ausstattung der beiden Systeme findet ihr auf meiner Benutzerseite bei ubuntuusers.de

Testkandidaten

Getestet wurden die oben bereits kurz vorgestellten Browser:

  • Firefox in Version 44.0.2 geht als mein momentaner Standard-Browser an den Start.
  • Google Chrome in Version 48.0.2564.116 nutze ich vor allem für vom Firefox nicht unterstützte Medienformate und Flashcontent, oder wenn meine #digitalAikido-Addons Webseiten unnutzbar machen.
  • Google Chromium, die OpenSource-Variante des Webkit-Browsers aus dem Hause Google wurde auf Navis in Version 48.0.2564.82 und auf Navicula in Version 37.0.2062.220 von mir getestet.
  • Opera hat (mittlerweile im an Blink angepassten Release-Cycle) in Version 35.0.2066.82 am Test teilgenommen.
  • Vivaldi – der Neuzugang unter den Testkandidaten wurde in Version 1.0.344.37 ins Rennen geschickt.

Erstmals habe ich dieses Jahr alle Browser im Auslieferungszustand getestet. Apps, Add-Ons oder Erweiterungen waren nicht installiert. Außerdem habe ich die Tests zwischen bis zu 5 mal wiederholt und Mittelwerte gebildet, um die Testergebnisse glaubwürdiger zu machen.

Verwendete Benchmarks

Traditionell mussten sich alle getesteten Browser zunächst dem ACID3Test unterziehen.

Hier gab es unerklärlicher Weise erneut eine unerfreuliche Überraschung. Auch in diesem Jahr schafft es Firefox auf Navicula nicht, die Testgrafik zufriedenstellend zu rendern. Diesmal wurden, wie auf der Abbildung zu sehen ist, lediglich 99/100 punkten erreicht. Der „You should not see this at all“-Bug des letzten Jahres scheint dafür behoben. Alle anderen Browser meisterten diesen Test ohne Probleme.

Browsermark

Im umfangreichen Browsermark von Rightware überrascht erneut der Neuzugang. Da wo letztes Jahr Opera den Platz 1 für sich erobern konnte, steht völlig unerwartet Vivaldi mit deutlichem Abstand an erster Stelle. Bereits im letzten Jahr versagte Firefox in diesem Test mit einem Ergebnis um 4200 Punkte. In den letzten 12 Monaten wurde von Mozilla scheinbar in Richtung Performance nichts getan. Alle anderen Browser haben die Ergebnisse um mindestens 300 Punkte steigern können. Langfristig wird der Firefox in Sachen Performance so nicht konkurrenzfähig bleiben.

BMark

An dritter Stelle werden die Browser dieses Jahr im auf HTML5 spezialisierten BMark von Wirple getestet, dass das Peacekeeper-Benchmark von Futuremark ersetzt, welches leider eingestellt wurde. Hier zeigt sich der Firefox noch deutlich weiter abgeschlagen, als die anderen Testkandidaten. Die Ergebnisse sind schlicht indiskutabel. Hier muss Mozilla dringend nacharbeiten. HTML5 ist der Standard der Zukunft. Browser, die das nicht angemessen gerendert bekommen, verlieren früher oder später ihre Existenz-Berechtigung. Während die anderen Browser auf Navicula ungefähr gleiche Werte liefern, was an der betagteren Hardware-Ausstattung liegen dürfte, brilliert Vivaldi auf Navis erneut mit deutlichem Vorsprung vor Allen anderen.

Speedbattle

Letztes Jahr schrieb ich noch:

Zu letzt ließ ich die vier Browser dann noch im Speed-Battle von u-uu.de gegeneinader antreten. Das Ergebnis zeigt erneut, dass der Test scheinbar sehr zu Gunsten des Firefox-Browsers geschrieben ist. Er lässt die anderen hier deutlich hinter sich. Als objektive Testsuite fällt sie für mich deswegen für zukünftige Tests aus.

Nachdem der Firefox in den anderen Testumgebungen versagte, war ich dennoch sehr gespannt, wie er in diesem Benchmark abschließen würde. Und tatsächlich, gewinnt er dieses Jahr auch hier, wenn auch mit deutlich geringerem Vorsprung. Bis auf die 531 Punkte, die Chromium auf Navis erreicht hat, liegt der Rest der Browser gleich auf. Diese Delle kann ich im Moment nicht erklären.

2016_jetstream

Dank browserbench.org gibt es mit Jet-Stream mittlerweile eine wesentlich umfangreichere und unvoreingenommenere Testumgebung zur JavaScript-Performance. Und auch hier liegt Vivaldi deutlich vor allen anderen. Der Firefox bleibt konkurrenzfähig und ist somit scheinbar zumindest im Bereich Javascript-Performance noch zeitgemäß.

Fazit

Zum Abschluss gibt es nun noch die Übersichtsgrafik, die die Einzelergebnisse zusammenfasst. Zu sehen sind hier die gemittelten Ergebnisse in den einzelnen Testsuiten Browsermark Peacekeeper Speed-Battle und Jet-Stream.

Bildschirmfoto von »2016-03-14 16:13:29«

Auf Grund der logarithmischen Skalierung und der Mittelung über beide Testsysteme, die kleine Unterschiede der Browser in den Hintergrund treten lässt, zeigt sich, dass die Browser tendenziell alle auf einem hohen Niveau gerangelt haben. Und dennoch kann auch diese gutmütige Übersichtsgrafik nicht darüber hinweg täuschen, dass der Firefox fast überall hinten anliegt. Vivaldis Überlegenheit zeigt sich in den Zahlen.

Da Geschwindigkeit nicht alles ist was zählt, werde ich trotz der Ergebnisse bis auf weiteres bei Firefox als Hauptbrowser bleiben. Wenn Mozilla jedoch nicht an der Performance-Schraube dreht, werde ich mich langfristig nach einer Alternative umsehen müssen.

Für mich ist trotz des Beta-Stadiums Vivaldi jetzt schon als Zweitbrowser die erste Wahl und löst damit Chrome/Chromium bei mir ab. In einem kommenden Artikel werde ich den Vivaldi kurz vorstellen und ein paar Hinweise zu sinnvollen Einstellungen geben.

[1] Für Linux wird generell keine 32-Bit-Version mehr angeboten. Danke an tomtomtom für den Hinweis.