Ein Gnome auf Abwegen findet zurück

von User:GhePeU [LGPL (http://www.gnu.org/licenses/lgpl.html)], via Wikimedia CommonsDas letzte mal richtig wohl gefühlt auf meinem Rechner hab ich mich mit Gnome 2 in Kombination mit der Globalmenu-Erweiterung und dem Dock Avant-Window-Manager (AWN). Das System lief zuverlässig, stabil, schnell und sah dank sehr sehr guter Konfigurationsmöglichkeiten im Designbereich auch echt schick aus. Darüber hinaus bot mir das Globalmenu die Möglichkeit auf meinem damaligen Netbook eine ganze Zeile (immerhin um die 20 Pixel in der Vertikalen) einzusparen und so auf dem auf 768 Pixel begrenzten Bildschirm ein bisschen mehr Platz für Inhalte zu schaffen.

Leider wurde wie den meisten bekannt sein dürfte das Projekt Gnome 2 beendet und es folgte Gnome 3 auch bekannt als Gnome Shell. Parallel verabschiedete sich Ubuntu von Gnome und setzte auf die Eigenentwicklung Unity.

Unity

von Canonical, DarkSTALKER (launchpad.net/unity) [Public domain], via Wikimedia CommonsMeine Reaktion darauf war zunächst der Versuch mich mit Unity anzufreunden. Aus verschiedenen Gründen tue ich mich schwer damit Out-of-the-Box-Distributionen wie Ubuntu in Kernbereichen (wie Fenstermanger oder Desktop-Oberfläche) zu verändern. Die Installation von Gnome 3 kam für mich deswegen nicht in Frage. Nach dem ich kurz mit LXDE und XFCE geliebäugelt hatte, mir zum damaligen Zeitpunkt beide aber zu puristisch erschienen und ich den Zuwachs an Performance zumindest auf dem Netbook mit sehr viel weniger Platz für Inhalte hätte bezahlen müssen, blieb ich zunächst beim Unity-Desktop.

Da mir dessen Bedienphilosophie jedoch nicht so geschmeckt hat, habe ich Unity für mich zunächst auf das obere Panel beschränkt. Die Globalmenu-Integration war schließlich vorbildlich und sowohl das Notify-OSD als auch das Messages-Indikator, aber auch die Integration von Rhythmbox kamen meinen Bedienwünschen sehr entgegen. Alle darüber hinaus relevanten Funktionen wie Zugriff auf Programme (Startmenü, Favoriten, Shortcuts auf Ordner und Dateien usw.) lieferte mir AWN. Die Seitenleiste von Unity machte ich vorerst (nahezu) unsichtbar und das Dash verbannte ich auf eine Tastenkombination, die ich nie verwendete.

Mit den Veränderungen von Unity wurde es spätestens ab 12.04 sehr anstrengend für mich. Andauernde nervige Fehlermeldungen, streckenweise gruselige Performance (Geschwindigkeit, Ressourcenhunger und damit in letzter Instanz Akkulaufzeit) und zuletzt Ankündigungen die darauf hindeuten, dass nach dem Software-Center nun auch Unity mehr und mehr mit Bezahlinhalten verbunden werden würde brachten schlussendlich das Fass zum Überlaufen. So konnte es nicht weiter gehen.

Sabayon, LinuxMint, Fedora

Die letzte Woche habe ich deswegen damit zugebracht nach Alternativen zu suchen.

Sabayon

By Fabio Erculiani (http://www.sabayon.org Press Info page) [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia CommonsDabei fiel mein Blick zunächst auf Sabayon. Dies ist eine Out-of-the-Box-Distribution, die auf Gentoo basiert und somit ein anderes Konzept, was die Aktualisierungen des Systems angeht, als Ubuntu verfolgt. Sabayon verwendet das RollingRelease-Konzept. Es besteht also nicht wie bei Ubuntu die Notwendigkeit regelmäßig unter einigem Aufwand das System auf die nächste Versionsnummer zu bringen, sondern es wird automatisch immer mit der neuesten Software versorgt. Das Konzept erschien mir verlockend. Nach einiger Recherche verabschiedete ich mich jedoch (vielleicht auch nur vorerst) von der Idee ein Rolling-Release-System zu verwenden.

Neben der möglicherweise geringeren Stabilität des Gesamtsystems scheute ich mich vor allem davor mich mit einem komplett neuen Basissystem auseinander setzen zu müssen. Wie schon erwähnt basiert ist Sabayon Gentoo- und nicht Debian-basiert. Da ich mich in den letzten Jahren einigermaßen in Debian-Systeme eingearbeitet habe und ich die Rechner, die ich nutze vor allem (be)nutzen will und nicht als Lerncomputer für Betriebssystemproblemlösung verwenden möchte, schied Sabayon für mich aus. Auch wenn es unter den nicht-Debian-basierten Distributionen nach wie vor mein Favorit wäre.

Linux Mint

von Desconocido, pero es simplemente el logo. (PDF Linux Mint) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia CommonsAlso zurück zu Debian. Neben Ubuntu strahlt aus dieser Ecke LinuxMint am hellsten. Zunächst liebäugelte ich auch hier mit der im RollingRelease-Prinzip aktualisierten Linux Mint Debian Edition (LMDE). Doch wie schon bei Sabayon schreckte mich am Ende die fehlende Betriebssicherheit ein bisschen ab.

LinuxMint selbst bietet mittlerweile einerseits eine Eigenkreation namens Cinnamon, die das Gefühl von Gnome 2 wieder zurück in den Desktop bringen sollte. Doch unter Design-technischen Gesichtspunkten überzeugt mich das Konzept von Cinnamon nicht wirklich. Das ist sicher Geschmackssache, aber bei mir liegt zumindest in diesem im warsten Sinne des Wortes „oberflächlichen“ Bereich der Fokus auch sehr auf dem Aussehen.

Die zweite spannende Variante ist der MATE-Desktop. Dies ist tatsächlich eine auf Gnome 2 basierende Weiterentwicklung. Nach einigem Abwägen und Überlegen bin ich jedoch zu der Einsicht gekommen, dass das in meiner Desktop-Nutzungs-Entwicklung, die ich hier zumindest in Auszügen abbilde ein Schritt in die falsche Richtung (nämlich zurück) wäre. An diesem Punkt hatte Gnome 3 für mich gewonnen. Nun blieb nur noch die frage nach dem Unterbau.

Fedora

By Wondigoma (Own work) [Public domain], via Wikimedia CommonsWann immer ich in den letzten zwei Jahren etwas über Gnome 3 gelesen habe, wurde Fedora positiv hervor gehoben. Hier wird sich (im Gegensatz zu Ubuntu bzw. Canonical) aktiv bei der (Weiter-)Entwicklung des Desktops beteilligt. Darüber hinaus handelt es sich bei Fedora um eine waschechte Community-Distribution. Hinter dem Projekt steht nicht wie bei Ubuntu eine am Gewinn orientierte Firma sondern die Stiftung Fedora Foundation in der (mittlerweile) die Community selbst die Stimmenmehrheit hat. Dies ist meiner Meinung dem OpenSource-Gedanken und sichert die Distribution so vor einer zu starken Kommerzialisierung.

Leider fällt auch Fedora für mich aus. An erster Stelle steht für mich hier die Release-Politik. Fedora veröffentlich jedes halbe Jahr eine neue Version. Diese wird dann nur 13 Monate unterstützt. Das finde ich persönlich wahnsinnig aufwendig und schreckt mich nachhaltig ab. An zweiter Stelle steht für mich die Tatsache, dass Fedora ebenfalls nicht auf Debian basiert, sondern auf Red Hat. Hier gilt also das selbe wie für Sabayon. Ich würde nach dem Wechsel vor einem anderen Unterbau stehen und müsste mich mit diesem zunächst auseinander setzen.

Gnome 3

Gnome3-LogoSo werde ich vorerst bei Ubuntu bleiben und hab mir soeben die Gnome3-Version aus den Ubuntu-Quellen installiert. Die ist zwar nicht die aktuellste, aber es macht jetzt schon wesentlich mehr Spaß damit zu arbeiten, als es mir mit Unity je gemacht hat. Das soll nicht bedeuten, dass es nicht Menschen gibt, die gut mit Unity klar kommen. Die gibt es sicher. Auch ich sehe durchaus Dinge, die bei Unity sehr elegant gelöst sind und mir schon jetzt ein bisschen fehlen.

Sehr begeistert an Gnome 3 hat mich, dass sich mit den Extensions der Desktop (ähnlich wie damals Gnome 2) an meine Bedürfnisse anpassen lässt. Welche Extensions ich für mich als sehr sinnvoll erachte und was mir bisher noch fehlt, werde ich später in einem weiteren Artikel beschreiben.

Vom Design her gefällt mir persönlich der Desktop nach dem Anpassen der Schriftgrößen an meine Bedürfnisse sehr sehr gut. Aber auch die Bedienphilosophie sagt mir zu. Vorerst bin ich also mal wieder angekommen bei einem System, dass mir richtig gut gefällt. Dank meiner so gewonnenen Unabhängigkeit von Unity bin ich vor den kommerziellen Irrwegen der Firma Canonical vorerst sicher und habe trotzdem ein System, an das ich gewöhnt bin und mit dem ich gut klar komme.